Jesus vor Pilatus LEITTEXT: „Spricht Pilatus zu ihm: Was ist Wahrheit? Und da er das gesagt, ging er wieder hinaus zu den Juden und spricht zu ihnen: Ich finde keine Schuld an ihm.“ (Johannes 18, 38.) Zum Lesen empfohlen: Das Leben Jesu, S. 720-740. „Pilatus schaute zu den Männern hin, die Jesus bewachten; dann ruhte sein Blick forschend auf Jesus… Er sah einen Mann von ruhiger Wesensart und Würde vor sich, dessen Gesichtszüge nicht die Kennzeichen eines Verbrechers trugen, sondern die eines mit dem Himmel verbundenen Menschen.“ – Das Leben Jesu, S. 720. 1. Von einem zum anderen 12.10. (So) a. Wohin brachten die Juden Jesus als Nächstes? Markus 15, 1; Johannes 18, 28 (erster Teil). „In der Gerichtshalle des römischen Landpflegers Pilatus stand Christus als Gefangener, um ihn herum die Wächter. Die Halle füllte sich schnell mit Schaulustigen. Vor dem Eingang fanden sich die Richter des Hohen Rates, Priester, Oberste, Älteste und der Pöbel ein. Nach Jesu Verurteilung hatten sich die Mitglieder des Hohen Rates zu Pilatus begeben, damit dieser das Urteil bestätigte und es vollstrecken ließe.“ – Das Leben Jesu, S. 720. b. Erkläre die Heuchelei der jüdischen Führer. Johannes 18, 28 (zweiter Teil). „Die jüdischen Beamten wollten jedoch die römische Gerichtshalle nicht betreten, da sie nach ihrem Zeremonialgesetz dadurch verunreinigt würden und dann am Passahfest nicht teilnehmen könnten. In ihrer Verblendung erkannten sie nicht, dass mordsüchtiger Hass ihre Herzen schon verunreinigt hatte. Sie begriffen nicht, dass Jesus das wahre Passahlamm war und dass das große Fest, seit sie ihn verworfen hatten, für sie längst bedeutungslos geworden war.“ – Das Leben Jesu, S. 720. 2. Vor dem römischen Gericht 13.10. (Mo) a. Welche peinliche Frage stellte Pilatus den jüdischen Leitern? Johannes 18, 29. „Christi Erscheinung machte einen guten Eindruck auf Pilatus, dessen bessere Natur sich angesprochen fühlte. Er hatte von Jesus und seinem Wirken gehört; auch seine Frau hatte ihm manches über die wunderbaren Taten des galiläischen Propheten mitgeteilt, der die Kranken heilte und Tote auferweckte. Das alles kam ihm jetzt wieder – gleich einem vergessenen Traum – zum Bewusstsein. Er entsann sich gewisser Gerüchte, die ihm von verschiedenen Seiten zugegangen waren, und er beschloss, die Juden zu fragen, welche Anklage sie gegen diesen Mann vorzubringen hätten. Wer ist dieser Mann, und weshalb habt ihr ihn hergebracht? fragte er sie. Wessen beschuldigt ihr ihn? Die Juden wurden verwirrt. Da sie sehr wohl wussten, dass sie ihre gegen Jesus gerichteten Anklagen nicht beweisen konnten, wünschten sie keine öffentliche Untersuchung.“ – Das Leben Jesu, S. 721. b. Welche überhebliche und ausweichende Antwort gaben die jüdischen Leiter Pilatus? Johannes 18, 30. „Auf diese Weise hofften [die Mitglieder des Hohen Rates] Pilatus von ihrer eigenen Wichtigkeit überzeugen zu können und ihn dadurch zu veranlassen, ihren Wunsch ohne weitere Förmlichkeit zu erfüllen. Sie waren um eine schnelle Bestätigung ihres Urteilsspruches bemüht; denn sie wussten, dass das Volk, das Christi Wundertaten erlebt hatte, eine Geschichte erzählen konnte, die sich wesentlich von den Erdichtungen unterscheiden würde, die sie selbst jetzt vorbrachten.“ – Das Leben Jesu, S. 721. c. Welche Aussage des Pilatus erschwerte die Lage der Priester noch weiter? Johannes 18, 31. „[Die Priester] baten ihn, auf ihr Wort hin Christi Schuld anzuerkennen und ihr Urteil zu bestätigen; sie würden die Verantwortung dafür auf sich nehmen. Pilatus war weder ein gerechter noch ein gewissenhafter Richter. Obwohl in seiner inneren Haltung schwankend, weigerte er sich dennoch, diese Bitte zu gewähren. Er wollte Jesus nicht verurteilen, bis eine Anklage gegen ihn erhoben worden wäre.“ – Das Leben Jesu, S. 722. 3. Pilatus unter Druck 14.10. (Di) a. Welche Frage stellte Pilatus Jesus, als er in das Gerichtshaus zurückkehrte, und warum? Johannes 18, 33. „Die Priester gerieten in große Verlegenheit. Sie mussten ihre Heuchelei unter einem undurchdringlichen Deckmantel verbergen und durften keinesfalls den Anschein erwecken, als sei Jesus aus religiösen Gründen festgenommen worden. Eine solche Beweisführung würde der Römer nicht anerkennen. Sie mussten vielmehr glaubhaft machen, dass sich Jesus gegen die Staatsgesetze vergangen habe; dann erst konnte er als politischer Verbrecher bestraft werden. Aufruhr und Widerstand gegen die römische Staatsgewalt waren bei den Juden an der Tagesordnung. Die Römer griffen in solchen Fällen hart durch, und sie waren darauf bedacht, jeden Aufstand im Keime zu ersticken… [Pilatus] glaubte nicht, dass der Gefangene sich gegen den Staat aufgelehnt hatte. Dessen ruhiges und bescheidenes Wesen stimmte ganz und gar nicht mit den Anklagepunkten überein. Pilatus war davon überzeugt, dass es sich hier um eine niederträchtige Verschwörung handelte, um einen unschuldigen Menschen zu vernichten, der den jüdischen Würdenträgern im Wege stand. Pilatus war über das Verhalten Jesu erstaunt. Missachtet dieser Mann den Gang der Untersuchung, weil er sein Leben nicht retten will?, fragte er sich. Er schaute Jesus an, der Spott und Misshandlungen ertrug, ohne sich dagegen aufzulehnen, und empfand, dass dieser Mann nicht so ungerecht und gottlos sein konnte wie jene lärmenden Priester.“ – Das Leben Jesu, S. 722-724. b. Wie antwortete Jesus auf die Frage des Pilatus, und wie reagierte dieser darauf? Johannes 18, 34. 35. „In der Hoffnung, von ihm die Wahrheit zu erfahren und zugleich dem Aufruhr der Menge zu entgehen, nahm Pilatus den Herrn beiseite und fragte ihn noch einmal: ‚Bist du der Juden König?‘ Der Heiland beantwortete diese Frage nicht unmittelbar. Er wusste, dass der Heilige Geist an Pilatus wirkte, und er gab ihm Gelegenheit, seiner Überzeugung Ausdruck zu verleihen. ‚Redest du das von dir selbst‘, fragte er ihn, ‚oder haben‘s dir andere von mir gesagt?‘ Mit anderen Worten: Waren es die Anschuldigungen der Priester oder war es das Verlangen, mehr Licht von Christus zu erhalten, die Pilatus diese Frage eingaben? Der römische Landpfleger verstand die Bedeutung der Frage des Herrn; aber Stolz erhob sich in seinem Herzen. Er wollte nicht seine innere Überzeugung offenbaren, die ihn veranlasst hatte, den Herrn zu befragen.“ – Das Leben Jesu, S. 724. 4. Die Natur von Christi reich 15.10. (Mi) a. Wie erklärte Jesus unmissverständlich das Wesen seines Reiches, damit es bis zum Ende der Weltgeschichte von allen verstanden werde? Johannes 18, 36. „Heutzutage gibt es auf religiösem Gebiet viele, die da meinen, für die Errichtung des Reiches Christi als einer irdischen und zeitlichen Herrschaft zu wirken. Sie möchten unsern Herrn zum Herrscher der Reiche dieser Welt machen, zum Herrn in ihren Gerichten, in der Gesetzgebung, in den Palästen und an den Handelsplätzen. Sie möchten, dass er durch Gesetzesakte, die sich auf menschliche Autorität stützen, herrschen möge. Da nun aber Christus nicht in menschlicher Gestalt hier auf Erden weilt, wollen sie die Herrschaft an seiner Statt ausüben und die Gesetze seines Reiches durchführen. Die Errichtung eines solchen Reiches wünschten sich auch die Juden in den Tagen Jesu. Sie hätten Jesus angenommen, wäre er nur bereit gewesen, ein irdisches Reich aufzurichten, um das durchzuführen, was sie für das Gesetz Gottes hielten, und hätte er sie zu Vollstreckern seines Willens und zu Gehilfen seiner Herrschaft gemacht. Er aber sagte: ‚Mein Reich ist nicht von dieser Welt.‘ Er war nicht bereit, eine irdische Herrschaft zu übernehmen.“ – Das Leben Jesu, S. 502. 503. b. Woran erinnert uns Christus hier auf Erden? Markus 12, 17. „Die Regierung, unter der Jesus lebte, war korrupt und diktatorisch. Überall gab es schreiendes Unrecht wie Erpressung, Unduldsamkeit und bedrückende Härte. Der Heiland wollte jedoch keineswegs das bürgerliche Leben reformieren. Er griff weder die nationalen Missbräuche an, noch verurteilte er die Feinde seiner Nation. Er mischte sich auch nicht in die Herrschaft oder Verwaltung der Machthaber ein. Er, unser Vorbild, hielt sich irdischer Herrschaft fern. Nicht etwa, weil er gegenüber den Nöten der Menschen gleichgültig gewesen wäre, sondern weil menschliche und rein äußerliche Maßnahmen hier nicht helfen konnten. Um wirksam sein zu können, musste der Heilungsprozess sich auf den einzelnen erstrecken und dessen Herz erneuern. Nicht durch Gerichts- oder Konzilsentscheidungen, nicht durch gesetzgebende Versammlungen oder durch Begünstigung seitens der Großen dieser Welt wird das Reich Christi aufgerichtet, sondern dadurch, dass der Heilige Geist den Menschen den Charakter Jesu Christi einpflanzt.“ – Das Leben Jesu, S. 503. „Die Verbindung zwischen Kirche und Staat, wäre sie noch so gering, führt, während sie die Welt der Kirche näherzubringen scheint, in Wirklichkeit die Kirche näher zur Welt.“ – Der große Kampf, S. 301. 5. Eine goldene Gelegenheit verpassen 16.10. (Do) a. Wie sprach Jesus das Gewissen des Pilatus behutsam an? Johannes 18, 37. „Jesus [erhellte Pilatus] abermals sein Verständnis. Indem er die direkte Beantwortung der Frage des Pilatus umging, erklärte er ihm deutlich seine göttliche Sendung. So gab er dem Römer zu verstehen, dass er nicht nach irdischer Macht gestrebt hatte… Christus bestätigte damit, dass sein Wort ein Schlüssel ist, der allen, die bereit sind, es zu empfangen, das Geheimnis Gottes erschließt. Es entfaltet eine in ihm selbst liegende Kraft, und nur so ist es erklärbar, dass sich Jesu Reich der Wahrheit so weit auszudehnen vermochte. Jesus wollte Pilatus verständlich machen, dass sein verpfuschtes Leben nur erneuert werden könne, wenn er die göttliche Wahrheit annehmen und in ihr aufgehen würde.“ – Das Leben Jesu, S. 724. 725. b. Welche tiefere Frage stellte Pilatus Jesus, und was zeigt zugleich, dass er an der Antwort kein wirkliches Interesse hatte? Johannes 18, 38. „Pilatus hatte den Wunsch, die Wahrheit kennenzulernen. Er war innerlich beunruhigt und klammerte sich an Jesu Worte. Sein Herz sehnte sich danach, zu erfahren, was es mit der von Jesus verkündigten Wahrheit auf sich habe und wie er sie erlangen könne. ‚Was ist Wahrheit?‘, fragte er den Herrn. Doch wartete er eine Antwort nicht mehr ab. Der Lärm draußen gemahnte ihn an die Bedeutung dieser Stunde; denn die Priester verlangten ungestüm eine sofortige Entscheidung. Er ging zu den Juden hinaus und erklärte ihnen mit Nachdruck: ‚Ich finde keine Schuld an ihm.‘ Diese Worte eines heidnischen Richters waren eine vernichtende Anklage gegen die Hinterlist und Falschheit der Obersten in Israel, die den Heiland verklagten.“ – Das Leben Jesu, S. 725. Fragen zur persönlichen Wiederholung 17.10. (Fr) 1. Wie könnte ich, ähnlich wie die Juden, in Gefahr geraten, den Begriff „Verunreinigung“ zu verdrehen? 2. In welchen Situationen könnte ich, wie Pilatus, der Stimme meines Gewissens widerstehen? 3. Unter welchem Druck könnte ich in Gefahr sein, der Wahrheit auszuweichen? 4. Was erwarteten die Juden von Pilatus? 5. Gib das Gespräch zwischen Pilatus und Jesus wieder. |